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MINISTER VLADISLAV GORANOV IN AN INTERVIEW FOR “DIE WELT” NEWSPAPER

MINISTER VLADISLAV GORANOV IN AN INTERVIEW FOR “DIE WELT” NEWSPAPER
Снимка: MINISTER VLADISLAV GORANOV IN AN INTERVIEW FOR “DIE WELT” NEWSPAPER

13.03.2018

„Durch uns würde der Euro noch stabiler“

Die Welt | 12.03.2018

Von Frank Stocker

 

Bulgarien will dem Euro beitreten. Sein Land werde dann voll Deutschlands finanzpolitische Linie stützen, sagt Finanzminister Wladislaw Goranow. Fürchten müssten sich nur jene, die sich nicht an die Regeln halten.

Bulgarien hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne. Dies will Sofia auch dazu nutzen, ein wichtiges Projekt für das eigene Land voranzutreiben: Den Beitritt zur Euro-Zone. Finanzminister Wladislaw Goranow kennt zwar die Vorbehalte, die es dazu in vielen anderen Euro-Ländern gibt. Er glaubt jedoch, dass diese unbegründet sind, und signalisiert vor allem den Deutschen Unterstützung für ihre Position in der Finanzpolitik der Euro-Zone.

 

WELT: Bulgarien will in die Euro-Zone. Warum?

Wladislaw Goranow: Unsere Währung, der Lew, ist schon seit 1996 fest an zunächst die D-Mark, jetzt an den Euro gebunden, und das war eine Erfolgsgeschichte bis heute. Es war aber auch immer das Ziel Bulgariens, dann, wenn es die Kriterien erfüllt, einen Schritt weiter zu gehen und den Euro einzuführen. Und wir erfüllen alle Kriterien: Unsere Verschuldung beträgt gerade mal 25 Prozent der Wirtschaftsleistung, das ist weit weniger als in vielen Euro-Staaten, unser Haushalt ist ausgeglichen, die Inflation im Griff.

WELT: Wie Sie selbst sagen, ist der Lew an den Euro gebunden. Damit haben Sie letztlich aber auch schon fast alle Vorteile des Euro, auch ohne einen Beitritt zur Euro-Zone.

Goranow: Ja, aber wir sind in gewissem Sinne immer noch außen vor. Wenn wir die EU wie drei konzentrische Kreise sehen, wo in der Mitte die Euro-Zone, darum herum die Schengenzone und ganz außen die EU ist, dann sind wir immer noch ganz außen. Wir wollen uns aber weiter in die EU integrieren, auch um klarzumachen, dass wir ein integraler Bestandteil davon sind. Außerdem: Unsere Notenbank macht seit 1996 keine eigenständige Geldpolitik mehr, wenn wir Mitglied der Euro-Zone sind, können wir aber zumindest mitreden, wenn es um die Geldpolitik geht.

WELT: Manche fürchten aber gerade das: Das noch einer am Tisch sitzt und mitredet.

Goranow: Wer sich an die Regeln der Euro-Zone hält, wer die Stabilitätskriterien erfüllt, muss Bulgariens Beitritt nicht fürchten. Wir sind ein harter Verfechter einer stabilen Finanzpolitik. Das haben wir seit zwei Jahrzehnten bewiesen. Fürchten müssen unseren Beitritt daher allenfalls jene, die sich nicht an die Regeln halten, die nicht ein solches Niveau an konservativer und vorsichtiger Finanzpolitik haben wie wir. Durch uns würde der Euro somit noch stabiler.

WELT: Bulgarien mag die formellen Kriterien erfüllen, die Wirtschaftskraft ist aber noch weit vom Rest der Euro-Zone entfernt.

Goranow: Wir sind derzeit ungefähr da, wo auch die baltischen Länder waren, als sie den Beitrittsprozess zur Euro-Zone begannen. Es war auch stets so, dass durch diesen Prozess die Konvergenz noch zunahm. Und was die Preiskonvergenz angeht: Die Preise für Waren sind hierzulande schon längst auf dem Niveau der Euro-Zone, nur bei Dienstleistungen sieht das noch anders aus, diese sind deutlich günstiger. Aber ich sehe keinen Grund, warum deren Preise durch den Beitritt deutlich steigen sollten, was ja manche Bulgaren fürchten.

Bei den baltischen Ländern war übrigens auch ein Argument für den Beitritt, dass so der russische Einfluss zurückgedrängt wurde. Genau wie diese Länder sind auch wir eine Erfolgsgeschichte für die EU-Osterweiterung – wir gehören beispielsweise auch nicht zu den Visegrad-Staaten (Anm.: ein inoffizieller Bund der EU-Länder Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei), sondern fühlen uns voll den EU-Werten verpflichtet.

WELT: Der Beitritt zur Euro-Zone birgt ja nicht nur Chancen. Sie könnten auch Gefahr laufen, irgendwann einem anderen Land, das finanziell in Schieflage gerät, helfen zu müssen.

Goranow: Wir haben Chancen und Risiken gut abgewogen. Und wir wollen ganz klar eine Vertiefung der EU und unseren Beitrag dazu leisten. Im Übrigen gerieten Länder immer nur dann in eine finanzielle Schieflage, wenn sie zuvor mehr ausgegeben hatten, als sie einnahmen, wenn sie auf Kosten der Zukunft lebten. Das ist uns völlig fremd, und daher werden wir in der Euro-Zone großen Wert darauf legen, dass diese Haltung von allen geteilt wird.

Um es auf den Punkt zu bringen: Griechenland ist zwar unser Nachbar, aber wir unterscheiden uns erheblich. Wir sagen daher auch klar: Bevor Risiken weiter auf mehrere Schultern verteilt werden, müssen die Risiken erst reduziert werden.

WELT: Wann werden sie offiziell den Antrag stellen?

Goranow: Wir warten auf den nächsten Bericht der EZB über die Euro-Kandidaten und werden dann entscheiden. Falls dieser Bericht negativ ausfällt, werden wir das natürlich auch hinnehmen, wenn das auf objektiven Kriterien beruht. Denn dann wissen wir wenigstens, was wir noch tun müssen. Ich schätze, dass wir nach dem orthodoxen Osterfest Mitte April Genaueres wissen.

WELT: Die EZB prüft allerdings nicht nur die harten Kriterien wie Verschuldungsgrad und Inflation, sondern auch weiche Kriterien wie die makroökonomische Stabilität. Bei ihrem letzten Bericht vor zwei Jahren hat sie hier die Institutionen Ihres Landes kritisiert, da vor allem das Justizsystem korrupt sei.

Goranow: Es gibt immer wieder diese Kritik. Manches mag wahr sein, wir haben auch schon einiges getan, um die Korruption zu bekämpfen, und wir müssen sicher auch noch mehr tun. Allerdings muss man das Problem auch mal in den Kontext stellen. Es gab zuletzt beispielsweise eine Euro-Barometer-Umfrage, in der die Menschen in allen EU-Staaten gefragt wurden, wie weitverbreitet ihrer Ansicht nach Korruption in ihrem Land sei.

Bulgarien lag da nur im Mittelfeld, Länder wie Griechenland, Spanien, Zypern oder Italien hatten deutlich schlechtere Werte, und diese sind alle in der Euro-Zone. Ich sage damit nicht, dass wir keine Probleme mit Korruption haben, aber andere Länder mindestens genauso. Einige von diesen könnten im Hinblick auf deren Bekämpfung sogar noch von uns lernen.

WELT: Sie sind derzeit auch Chef der Gruppe der EU-Finanzminister. Was sind dort die wichtigsten Ziele.

Goranow: Es geht vor allem darum, Themen, die uns teilweise schon seit Jahren beschäftigen, deutlich nach vorne zu bringen. Dabei geht es um Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung, eine Angleichung bei der Mehrwertsteuer, aber beispielsweise auch die Besteuerung digitaler Dienstleistungen. Das kann dann direkt auch auf das Thema der Besteuerung multinationaler Unternehmen ausgedehnt werden.

WELT: Ein Punkt ist auch, wie es nach dem Brexit weitergeht. Immerhin fällt damit ein wichtiger Nettobeitragszahler weg. Wird das heißen, dass die Empfängerländer sich einschränken müssen oder dass die Geberländer mehr zahlen müssen?

Goranow: Wir führen dazu gerade eine intensive Debatte. Ich bin dafür, dass wir nicht zuerst über Geldsummen reden, sondern über Prioritäten und dann darüber, wie wir die vorhandenen Geldmittel dafür einsetzen. Wir werden während unserer Präsidentschaft zwei Foren zum Thema des mehrjährigen Haushaltsplans der EU durchführen, und ich hoffe, dass wir dann im zweiten Halbjahr deutlich vorankommen. Denn sonst wird es knapp vor den Europawahlen im kommenden Jahr.

https://www.welt.de/wirtschaft/article174442444/Bulgariens-Finanzminister-Wir-sind-ein-integraler-Bestandteil-der-EU.html

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